Corona-Krise: Weiterbildung im Mittelstand bricht ein

Etwa die Hälfte aller mittelständischen Betriebe in Deutschland hat in Folge der Corona-Krise 2020 auf die Weiterqualifizierung ihrer Mitarbeiter verzichtet. Wie die im April 2021 veröffentlichte Untersuchung der Förderbank KfW zeigte, legten knapp 1,9 Millionen Unternehmen sämtliche Angebote auf Eis. Dieser immense Einbruch schmälert nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit von KMU, sondern hemmt auch die berufliche Weiterentwicklung vieler ambitionierter Beschäftigter.

KfW-Chefsvolkswirtin Köhler-Geib macht für den abrupten Weiterbildungsstopp vor allem einen Mangel an Zeit, Geld und Planungssicherheit verantwortlich. 38 % der KMU fuhren ihre Aktivitäten im Bereich der Fortbildung auf ein niedriges Niveau zurück. Jeder zweite Betrieb davon strich sogar sämtliche Angebote. Weitere 29 % des Mittelstandes verzichten ohnehin auf (betriebliche) Weiterbildung.

Gründe für den massiven Einbruch

Die Krise hat viele Unternehmen an den Rande ihrer Existenz gebracht. So hat der Studie der KfW zufolge jeder zweite Betrieb, der ums Überleben kämpft, die Weiterbildung seiner Mitarbeiter ausgesetzt. Zudem haben die meisten Fortbildungen vor Corona als Präsenzveranstaltungen stattgefunden. Diese lassen sich aber kaum mit dem Infektionsschutz vereinbaren. Zwar sind mittlerweile zahlreiche attraktive digitale Angebote wie die Meisterfernschule entstanden. Auf einen nahtlosen Übergang zu Online-Alternativen waren viele Anbieter und auch die Betriebe jedoch nicht vorbereitet.

Warum Weiterbildung im Mittelstand unentbehrlich ist

Der Mittelstand gilt traditionell als „Rückgrat“ der deutschen Wirtschaft. Schon vor Corona konnte die Digitalisierung in KMU nur verhalten Fahrt aufnehmen: Fehlten damals schon entsprechende Kompetenzen bei vielen Beschäftigten. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes in absehbarer Zukunft zu sichern, sollten die Weiterbildungsaktivitäten laut Köhler-Geib möglichst schnell wieder anlaufen. Dabei hofft sie auf weitreichende Unterstützung der Unternehmen, beispielsweise durch eine steuerliche Förderung der Angebote, staatliche Kostenerstattungen oder zinsgünstige Förderkredite. In diese Kerbe schlägt auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft BVMW. Er befürchtet vor allem eine Qualifizierungslücke bei den Digitalkompetenzen.

Da auch die Unternehmen selbst den Weiterbildungsbedarf – insbesondere rund um die Digitalisierung – erkannt haben, wird es wohl bald eine Trendwende geben.

Kurzarbeit – in Krisenzeiten die Zukunft vorbereiten

Nachdem sich 2020 so viele Menschen wie noch nie in Kurzarbeit befunden haben, hat die Bundesregierung die aktuellen Regelungen bis Ende 2021 verlängert. Mag dieser „Ausnahmezustand“ für die Betroffenen zuerst als Schock wahrgenommen werden, bietet er doch überraschend positive Chancen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft.

Das Plus an Freizeit zur Weiterbildung nutzen

Während der Kurzarbeit untätig zu Hause auf bessere Zeiten zu warten, ist nicht Ihr Ding? Dann ist der überraschend hohe Freizeitanteil eigentlich die perfekte Gelegenheit, sich neue berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen.

Kurzarbeit erlaubt es Ihnen, im Daily Business innezuhalten. Nutzen Sie die zwangsverordnete Atempause zur Reflexion: Wo stehen Sie aktuell im Berufsleben? Fühlen Sie sich auf Ihrer Position wohl oder haben Sie Lust auf eine berufliche Veränderung?

In letzterem Fall ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um eine berufliche Weiterbildung zu starten. Verpflichtungen am Arbeitsplatz, die Sie daran hindern könnten, spielen momentan nur eine untergeordnete Rolle.
Ebenso wertvoll ist eine Kurzarbeitsphase, wenn Sie endlich im Umgang mit digitalen Medien fit werden möchten. Oder fühlen Sie sich jetzt schon in der Lage, ein Online-Meeting oder ein Bewerbungsgespräch via MS Teams souverän zu meistern? Gut zu wissen: Mit jeder Aktivität auf Instagram, Facebook und Co. positionieren Sie sich auch vor eventuellen zukünftigen Arbeitgebern. Wer hier geschickt vorgeht, präsentiert sich als attraktiver Kandidat und erhöht seine Chancen bei einer möglichen Bewerbung.

Weiterbildung während Kurzarbeit – ist das erlaubt?

Berufliche Weiterbildung in der Kurzarbeitsphase ist nicht nur erlaubt, sondern unter bestimmten Bedingungen auch förderungsberechtigt. Laut Qualifizierungschancengesetz gibt es für Arbeitnehmer einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Weiterbildung. Der Anteil der Fördersumme, den die Agentur für Arbeit übernimmt, ist dabei umso größer, je kleiner das Unternehmen ist. Arbeitgeber lassen sich daher oft sehr leicht von Ihrem Wunsch nach einer Aufstiegsfortbildung während der Kurzarbeit überzeugen.

Die Kurzarbeit ist definitiv ein wichtiger Einschnitt im Arbeitsleben – kann im besten Fall aber eine Phase der erfolgreichen Neuorientierung und der erste Schritt in eine erfolgreiche berufliche Zukunft sein.